Nach etwas Anlauf rollt auch die transsibirische Eisenbahn

Denis Matsuev
Foto: Denis Matsuev © Eugene Evtukhov

Wiener Konzerthaus, 18. Februar 2022

Wiener Philharmoniker
Denis Matsuev, Klavier
Franz Welser-Möst, Dirigent

von Jürgen Pathy

Das Leben als Musiker ist nicht immer einfach – schon gar nicht als Solist. Selbst dann nicht, wenn Hochkaräter wie die Wiener Philharmoniker am Podium die „Begleitmusik“ spielen. Auch wenn die Wiener Philharmoniker für viele das weltbeste Orchester sind, Selbstläufer gibt es keine. Schon gar nicht, wenn nicht alles nach Plan verläuft. Das musste Denis Matsuev, am Klavier ohne Zweifel einer der Größten seiner Generation, Freitagabend im Großen Saal des Wiener Konzerthauses zur Kenntnis nehmen. Woran es allerdings gelegen hat, lässt mehrere Thesen zu.

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Als Kammersänger singt es sich leichter | Klassik begeistert

Jonas Kaufmann, Simone Young und Bryn Terfel wurden an der Wiener Staatsoper geehrt
Foto: KS Jonas Kaufmann, Ehrenmitglied Simone Young, KS Bryn Terfel © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wiener Staatsoper, 2. Februar 2022
Benjamin Britten, Peter Grimes

Kammersänger. Ein Titel, der anscheinend Flügel verleiht. Immerhin zähle man in Österreich bekanntlich nichts, solange man keinen hat. Darüber scherzte ein sichtlich gut gelaunter Jonas Kaufmann, nachdem er Mittwochabend an der Wiener Staatsoper auf offener Bühne geehrt wurde. Zuvor hatte er ebenso überzeugt.

von Jürgen Pathy

Peter Grimes ist die Geschichte eines Sündenbocks, der schnell einmal gefunden wird. Vor allem in einem kleinen Dorf, wo der Antiheld sein Dasein als Fischer fristet. Eine Gesellschaftskritik, mit der Benjamin Britten sich den Frust von der Seele komponierte. Britten, selbst Bewohner einer britischen Kleinstadt, kannte das Los nur zu gut. Als Pazifist, Wehrdienstverweigerer und Homosexueller war Britten ein Einzelgänger. Aus diesem Leid entstand mitten in den Wirren des 2. Weltkriegs dieses Meisterwerk, das 1945 in London zur Uraufführung gelangte.

Jonas Kaufmann in Hochform

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Eine Winterreise, die unter die Haut ging | Klassik begeistert

Bassbariton Florian Boesch
Foto: Bassbariton Florian Boesch © Michael Weiss

Der Winter scheint das Theater an der Wien fest im Griff zu haben. Nach der für viele skandalösen Kušej-Inszenierung von Puccinis „Tosca“, schlugen Florian Boesch und Malcolm Martineau nun leisere Töne an. Schuberts Winterreise in szenischer Fassung traf damit genau ins Schwarze. 

Foto: Florian Boesch © Andreas Weiss

Theater an der Wien, 29. Januar 2022
Franz Schubert, Die Winterreise

Florian Boesch, Bariton
Malcolm Martineau, Klavier
Ingo Kerkhof, Szenische Einrichtung
Franz Tscheck / Frank Storm, Licht

Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus. Wer kennt sie nicht, die eröffnenden Worte, mit denen der verzweifelte Wanderer sich auf die beschwerliche Winterreise begibt. Eine nicht enden wollende, über Höhen und Tiefen führende Odyssee, die der Dichter Wilhelm Müller 1824 schrieb. Berühmtheit erlangten die 24 Gedichte aber erst, als sein Zeitgenosse Franz Schubert diese Rohdiamanten 1827 vertonte und damit ein Vermächtnis erschuf, über das sich jeder seriöse Liedsänger wagen muss. Der Bassbariton Florian Boesch erforscht sie nun seit mehr als zwei Jahrzehnten.

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Ein letzter Landgang vor dem nächsten Lockdown: „Der fliegende Holländer” in Wien

Bühnenbild "Der Fliegende Holländer" Wiener Staatsoper
Foto: Fliegender Holländer c Pöhn Michael

Foto: Bühnenbild von „Der fliegende Holländer” in der Inszenierung von Christine Mielitz © Michael Pöhn

Wiener Staatsoper, 21. November 2021
Richard Wagner, Der fliegende Holländer

von Jürgen Pathy / Klassikpunk

Feste soll man feiern, wie sie fallen. Ein Sprichwort, das im Volksmund bekannt ist – also: ab in die Wiener Staatsoper. Immerhin sollte es der letzte Tag sein, bevor das prächtige Opernhaus, das an der Wiener Ringstraße prangt, mal wieder geschlossen wird. Lockdown Nummer vier, der tags darauf in Kraft treten sollte, stand Sonntagabend vor der Tür. Der Grund: die sogenannte „vierte Welle”. Bevor, die uns alle überrollen wird, hat sie den „Fliegenden Holländer” am bedeutendsten Opernhaus der Welt noch einmal an Land gespült. (mehr …)

In Neapel lässt man die drei Tenöre wieder hochleben

Caruso Gala im Teatro San Carlo in Napoli
Foto: (v.l.n.r) Francesco Demuro, Xabier Anduaga, Francesco Meli, Marco Armiliato © Jürgen Pathy

Foto: (v.l.n.r) Francesco Demuro, Xabier Anduaga, Francesco Meli, Marco Armiliato © Jürgen Pathy

Teatro San Carlo, Neapel, 19. September 2021
Enrico-Caruso-Gala

Francesco Meli, Tenor
Francesco Demuro, Tenor
Xabier Anduaga, Tenor
Orchestra del Teatro di San Carlo

von Jürgen Pathy (Text und Foto)

Authentischer geht es nicht. „’O sole mio“ in einem italienischen Opernhaus, geleitet von einem Italiener, begleitet von einem italienischen Orchester. Beinahe auch noch von drei italienischen Tenören gesungen. Um das zu erleben, bleibt einem nur die Reise nach „Bella Italia“, wo nicht nur das „Dolce vita“ ruft, sondern auch die Heimat des Belcantos, des italienischen Schöngesangs. Neapel bietet das alles. (mehr …)

Salzburger Festspiele: Mühlemann tritt aus dem Schatten der großen Bartoli | Klassik begeistert

Bartoli und Mühlemann bei den Salzburger Festspielen 2021
Foto: Foto: Regula Mühlemann und Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen © Monika Rittershaus

Foto: © Monika Rittershaus

Salzburger Festspiele, Haus für Mozart, 14. August 2021
Il trionfo del Tempo e del Disinganno, Georg Friedrich Händel

Robert Carsen kehrt mit Händels Oratorium zurück nach Salzburg. Bereits bei den Pfingstfestspielen 2021 unter Prinzipalin Cecilia Bartoli aufgeführt, läuft „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ nun auch im Sommer.

von Jürgen Pathy

Salzburg aus dem Häuschen. Nachdem der letzte Ton erloschen ist, steppt im Haus für Mozart der Bär. Selbst in der Festspielstadt, wo höchste Qualität an der Tagesordnung steht, erlebt man das nicht alle Tage. Dabei war es nicht einmal Teodor Currentzis, der die Fäden im Graben gezogen hat, sondern Gianluca Capuano. Von den Salzburger Pfingstfestspielen 2021 übernommen, hat der Mailänder Händels Oratorium mit dem unaussprechlichen Titel geleitet: „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“. Zu Deutsch: Der Triumph der Zeit und der Erkenntnis. Oder verkürzt einfach nur: Ent-Täuschung. (mehr …)

Schwipp schwapp: Malkurs trifft auf Walküre

Schüttaktion von Hermann Nitsch während der Premiere von Die Walküre in Bayreuth
Foto: Hermann Nitsch lies es während der Walküre ordentlich "krachen" c Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Foto: Hermann Nitsch lies es während der Walküre ordentlich „krachen” © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Premiere Bayreuther Festspiele: Eine konzertante „Walküre“, umschüttet mit Farbe von Aktionskünstler Hermann Nitsch

Von Barbara Angerer-Winterstetter

Einen Bayreuther „Ring“ gibt es Corona-bedingt erst 2022 wieder. Die Auseinandersetzung damit schon jetzt. In Form von Auftragswerken, die alle „Ring“-Teile spiegeln sollen. Im Zentrum: Die „Walküre“, die es als einziger Teil der Tetralogie ins Festspielhaus geschafft hat. Soweit, so lobenswert. Denn Neues wagen war noch nie falsch. Und zudem im Sinne des Schöpfers. (mehr …)