Klassik Musik Guide – welche klassischen Stücke sollte man kennen?

Oper und klassische Musik sei schwierig. Das ist ein Vorurteil, das sich noch immer hartnäckig hält. Woher dieser Irrglaube stammt, ist schnell erklärt. Wer des Öfteren im Kulturteil von Tageszeitungen stöbert, erhält den Eindruck, ohne Studium der Germanisitik und Musikwissenschaft, sei man auf verlorenem Posten. Fachausdrücke, wohin das Auge blickt. Dabei ist klassische Musik keine Raketenwissenschaft.

Anna Netrebko
Foto: Anna Netrebko, die wohl bekannteste Opernsängerin unserer Zeit © Tim Osipov

Musik bleibt Musik – egal ob Pop, Rock, Jazz oder die sogenannte „Klassik“. Alles, was man benötigt, ist ein offenes Ohr, sonst nichts. Jeder, der gerne Musik hört, kann auch in der Oper finden, wonach er bei einem Rockkonzert oder in der Disco sucht: Entspannung, Flucht aus dem Alltag und ein paar erholsame Stunden abseits der Realität. Der einzige Unterschied: Man muss halt wirklich zuhören! Das ist der springende Punkt!

Zwischen „hören“ und „zuhören“ klafft nämlich eine riesige Lücke. Das ist ein gewaltiger Unterschied. In der englischen Sprache kommt das ganz klar zum Vorschein. „Listen to the music“, sagen die Briten. Nichts von seichter Berieselung, die man so nebenbei über sich ergehen lässt. Das erfordert natürlich Hingabe und Konzentration. Im Gegenzug wird man dafür reich beschenkt. Und der Clou bei der ganzen Sache: Um das zu genießen, benötigt man nicht einmal viel Geld.

Oper muss nicht teuer sein

Oper und Klassik sei teuer, ist nämlich ein weiteres Vorurteil. Smokingträger, Schlips und Anzug können schon den Eindruck erwecken: Ohne Geld keine Musik. Dabei kann Oper so günstig sein. Ab 10 Euro gibt es bereits Karten in der Wiener Staatsoper. So viel kostet eine Karte für den Stehplatz. Wer sich nun denkt: Der hat ja einen Knall – drei Stunden dauert so manch eine Oper, da soll ich auch nocht stehen, für den gibt es eine weitere Frohbotschaft.

Ab rund 15 Euro ist man dabei, wenn man in einer der Logen in Reihe zwei Platz nehmen will. Von dort ist die Sicht zwar eingeschränkt, aber rund 2/3 der Bühne kann man durchaus einsehen. Wer sich damit noch nicht zufrieden gibt, ist ab rund 40 Euro bestens gewappnet. Dafür bietet einem die Wiener Staatsoper dann gute Sicht inklusive perfekter Klangkulisse. Auf den Sitzplätzen auf der Galerie tummeln sich sowieso die Aficionados, die Stammgäste, die teilweise mehrmals pro Woche mit ihren Lieblingen auf der Bühne mitfiebern.

Musikverein Wien für Standfeste

Andere Institutionen der Stadt bieten ähnliche Angebote. Im Musikverein Wien, dem Tempel der klassischen Musik, erhält man ebenso Stehplatzkarten. Der Preis: 10 Euro pro Karte. Online von zuhause buchbar.

Der Goldene Saal des Musikvereins gilt als der wichtigste und akustisch beste Konzertsaal weltweit. Im Gegensatz zur Wiener Staatsoper spielt man da aber keine Opern. Hauptaugenmerk richten die Veranstalter auf Instrumentalmusik wie Symphonien, Klavierabende oder Kammermusik. Große Berühmtheit hat der prächtig dekorierte Saal mit seinen goldenen Verzierungen vor allem einetwegen erlangt: des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker wegen. Dabei erreichen die Walzerklänge, die überwiegend gespielt werden, sage und schreibe ganze 50 Millionen Zuschauer. In über 90 Länder wird das Konzert via Radio und TV-Stationen übertragen.

Lust bekommen, nun auch mal live dabei zu sein? Dann ein paar Tipps, um ein wenig Fuß zu fassen. Diese Werke solltest du unbedingt kennen.

Die große Kunst des Gesangs – Top 3 der Oper

Opern sind, um Philippe Jordan zu zitieren, das höchste der Kunst. Zumindest, wenn alle Faktoren in einer einzigartigen Symbiose verschmelzen: Inszenierung, Orchester, Sänger, Dirigent und Bühnenbild. Der Schweizer Dirigent muss es wissen. Seit 2020 ist er Musikdirektor an der Wiener Staatsoper. Opernarien, wie die folgenden Top 3, zählen da zu seinem „Tagesgeschäft“.

Nessun Dorma

Wer kennt sie nicht, die große Arie des Prinzen Calaf aus der Oper „Turandot“. Mit „Nessun dorma“ ist Giacomo Puccini, dem Komponisten der Oper, so etwas wie ein Welthit gelungen. Luciano Pavarotti hat die Arie in den 1990er-Jahren einem großen Publikum näher gebracht. Paul Potts, der Gewinner der ersten Ausgabe von „Britain’s got a talent“, hat ihren Siegeszug später fortgesetzt. Seitdem kennen alle diese ergreifende Melodie. Selbst Personen, die nie zuvor ein Opernhaus von innen gesehen haben.

 

Casta Diva

Vielleicht nicht ganz so weltbekannt wie Nessun Dorma, aber ebenso ein „Must to know“: Die Arie „Casta Diva“ der Oberpriesterin „Norma“ aus Vincenco Bellinis gleichnamiger Oper. Unvergesslich und unerreicht, die große Maria Callas, die ein ebenso tragisches Leben führte. Nachdem sie ihrer Stimmprobleme wegen 1965 der Opernbühne den Rücken kehrte, wurde „DIE Callas“, wie man sie nannte, nie wieder wirklich glücklich. Zurückgezogen starb Maria Callas, der nicht nur die Opernwelt zu Füßen lag, 1977 in ihrer Wohnung in Paris.

 

Va, Pensiero – Gefangenenchor aus Nabucco

Keine Arie, aber aufgrund seiner enormen Popularität, unbedingt zu kennen: Der Gefangenenchor aus der Oper „Nabucco“ von Giuseppe Verdi. Der Chor gilt als berühmtester aller Verdi-Chöre. In Italien, wo Verdi lebte und 1901 starb, ist Va, pensiero, wie dieses Chorwerk eigentlich heißt, gar so bekannt, dass es als geheime Nationalhymne verehrt wird. Sogar Zucherro, der italienische Popsänger, veröffentlichte 1997 eine zeitgenössische Adaption, die in den Charts sehr erfolgreich war.

Opern Arien

Georg Friedrich Händel

„Lascia ch’io pianga“ aus der Oper Rinaldo, HWV 7 (1711)

W. A. Mozart

„Parto, ma tu ben mio“ aus der Oper La Clemenza di Tito, KV 621 (1791)

„Bei Männern welche Liebe fühlen“ aus Die Zauberflöte, KV 620 (1791)

„Un aura amorosa“ aus Cosi van Tutte, KV 588 (1790)

„Dove sono“ aus Die Hochzeit des Figaro, KV 492 (1786)

„Ruhe sanft“ aus dem Singspiel Zaide, KV 344 (1780)

Vincenzo Bellini

„Casta Diva“ aus Norma (1831)

Gaetano Donizetti

Una furtiva lagrima aus Der Liebestrank (1832)

Giacomo Puccini

„Nessun dorma“ aus der Oper Turandot (1926)

„E lucevan le stelle“ aus Tosca (1900)

Richard Wagner

Oh du mein holder Abendstern aus „Tannhäuser“ (1845)

In fernem Land aus „Lohengrin“ (1850)

 

Kunstlied

Franz Schubert

„Der Lindenbaum“ aus der Winterreise, D 911 (1827)

„Erlkönig“, D 328 (1815)

„Ständchen“ aus Schwanengesang, D 957 (1828)

„An Silvia“ , D 891 (1826)

Beethoven

„Adelaide“ (1795)

Robert Schumann

„Widmung“ aus dem Liederkreis Myrthen, op 25/1 (1840)

„Wenn ich in deine Augen seh“ Dichterliebe op. 48/4 (1840)

Gustav Mahler

„Um Mitternacht“ (1901)

 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Peter Bach jr.

    Hallo Jürgen

    ein klasse Ansatz, ein toller Artikel … zu einem so schwierigen Projekt. Weil ich begann, Interessierte zum Thema Johann Sebastian Bach hinzuführen, kam ich schließlich damit auch am Thema „Klassische Musik“ im Allgemeinen vorbei. Und endete schließlich bei einem ganz anderen Denkansatz und natürlich auch ganz anderen Titeln, also … meinen Klassik-für-Einsteiger-Empfehlungen.

    Auf mehreren Websites versuche ich nun, vom Kindergarten-Alter bis hin zum Quereinsteiger in seinen Achtzigern Menschen vorsichtig zur Klassik zu begleiten. Ob es gelingt, werde ich wohl nie erfahren. Aber versucht habe ich es dann.

    Eine spezielle Homepage, nämlich meine https://klassik-anfaenger-einsteiger.jimdofree.com/ nimmt sich der Mission an und freut sich natürlich auf Interessierte.

    Danke für Deinen tollen Beitrag im Besonderen und Deinen Blog im Allgemeinen
    Gruß Peter
    (Sprecher der Musikerfamilie Bach)

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