Pathys Stehplatz (5): Sinn und Unwert der Kritik | Klassik begeistert

„Mögen die Kritiker über uns den größten Blödsinn schreiben. Mögen sie uns verreißen, mögen sie tun, was sie wollen – Hauptsache sie sagen irgendetwas!“ Denn nichts sei schlimmer als das Schweigen der Kritik. Öfters schon sind mir diese Worte, mit denen der berühmte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki den Schriftsteller Siegfried Lenz zitierte, durch den Kopf geschossen.

von Jürgen Pathy / Klassikpunk

Vor allem letzten März, wo Simon Stones Inszenierung von „La Traviata“ an der Wiener Staatsoper Premiere feierte. Bis auf Igor Golovatenko, bei dem sich die Kritikerschar überwiegend einig war, dass der im Sommer als Posa in „Don Carlos“ deutlich besser gefiel, beurteilte die Aufführung so gut wie jeder anders.

Aufgeschnappt habe ich dieses Zitat aus einer Radiosendung, die im Januar 1990 ausgestrahlt wurde. Zum Glück wurde diese Sternstunde des Kulturradios auf Band festgehalten… (mehr …)

Pathys Stehplatz (4): Rückenwind für die „Stehplatzler“ der Wiener Staatsoper

Stehplatzparterre der Wiener Staatsoper
Foto: Am Stehplatzparterre dürfen sich hoffentlich bald wieder vermehrt Zuschauer dränen © Michael Michaelis

Foto: Foto: Am Stehplatzparterre dürfen sich hoffentlich bald wieder vermehrt Zuschauer drängen © Michael Michaelis

Gute Nachrichten für alle Besucher der Wiener Staatsoper. Ganz besondere allerdings für das Herz der Oper, wie Ensemblemitglied Clemens Unterreiner diese Spezies bezeichnet: die sogenannten „Stehplatzler“. Seit Freitag steht es nämlich fest: Ab dem 10. Juni dürfen statt bisher nur rund 1000 Personen wieder maximal 1500 Zuschauer auf zugewiesenen Plätzen ins Haus. Für den Stehplatz, der derzeit geprägt ist von Tristesse, ein Lichtblick.

von Jürgen Pathy / Klassikpunk

Die letzten Tage seit der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper nach dem Lockdown waren zwar eine große Erleichterung. Endlich wieder Oper und großen Zauber genießen. Live. Vor Publikum. Inmitten anderer Personen, die für wenige Stunden gemeinsam durch dick und dünn gehen. Jubeln, Bravo rufen oder sich den Frust von der Seele buhen.

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Pathys Stehplatz (3): Life is live – es gibt keinen Ersatz

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Foto: Sergiu Celibidache beim Proben ©p icture-alliance / dpa

Foto: Foto: Sergiu Celibidache beim Proben © picture-alliance / dpa

Musik kann nur live stattfinden. Sie ist nicht übertragbar. Dessen war sich der große Sergiu Celibidache sicher. Celibidache, der Aufnahmen ablehnte, ging sogar so weit zu behaupten: „Es ist eine Dummheit, dass die Welt noch nicht erfahren hat, dass das Mikrofon nicht alles einfangen kann, was das Wesen der Musik ausmacht!“ Seine Schlussfolgerung: Wenn man nicht alles aufnehmen kann, kann man auch nicht alles wiedergeben. Also ist es sinnlos.

von Jürgen Pathy

Obwohl ich den Kern seiner Aussage unterstreiche, ganz so einfach ist das natürlich nicht. Selbstverständlich ist das Live-Erlebnis – im wahrsten Sinne des Wortes – niemals mit einer Aufnahme ident. Daran besteht gar kein Zweifel! Dennoch haben Aufnahmen ihre Berechtigung. Das hat mehrere Gründe. (mehr …)

(Pathys Stehplatz 2) – Bogdan Roščić, der neue starke Mann an der Wiener Staatsoper

Bogdan Roščić
Foto: Bogdan Roščić © Lalo Jodlbauer

Foto: Bogdan Roščić vor der Wiener Staatsoper © Lalo Jodlbauer

Lange Zeit hat er sich kämpferisch gegeben. Dann hat auch er nachgeben müssen. Obwohl Bogdan Roščić alles versucht hat, um den normalen Spielbetrieb so lange wie möglich aufrechtzuerhalten – seit 3. November 2020 ist die Wiener Staatsoper geschlossen. „Stumm“, wie es auf der Licht-Installation stand, die an der Fassade des Hauses angebracht wurde. Eine Idee von Roščić. Nicht das einzige Zeichen, dass im „ersten Haus am Ring“ ein neuer Wind weht. Zeit für ein kurzes Resümee…

von Jürgen Pathy / Klassikpunk

Seit Juli 2020 ist Bogdan Roščić nun Direktor der Wiener Staatsoper. Sein Auftrag ist klar. Zumindest, wenn man seine Aussagen und sein Handeln auf einen Nenner bringt: Das Haus soll einer deutlichen Verjüngungskur unterzogen werden. Das ist nicht erst klar, seitdem er im ZiB-Interview betonte, dass es eine große Enttäuschung wäre, wenn er den Altersdurchschnitt der Besucher in fünf Jahren nicht deutlich gesenkt haben werde. Bereits 2016 gab es erste Anzeichen. Damals verkündete Kanzleramtsminister Drozda, er wolle mit Roščić eine „Oper 4.0“ erschaffen. Was immer damit gemeint war, wird nun deutlich.

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Pathys Stehplatz (1) – Ein Brief an Mozart: „Da hättest schön geschaut!“

Grüß Dich, lieber Wolfgang!

Ich denke, Du hättest kein Problem damit, wenn wir per Du wären. Da bin ich mir ganz sicher. Jeder, der Deine Briefe kennt und weiß, was für ein cooler, unangepasster Zeitgenosse Du gewesen bist, dem sollte das klar sein. „Scheiß Dir nichts“, um in Deiner Sprache zu bleiben.

Heute, am 27. Januar 2021 würdest Du Deinen 265. Geburtstag feiern. Ich weiß jedoch nicht, ob das so ein Jubeltag für Dich wäre. Wir leben, vor allem kulturell, in einer ziemlich düsteren Zeit. Erstens würdest Du Dich wundern, weshalb alle mit Masken durch die Gegend irren, obwohl der Fasching noch auf sich warten lässt. Zweitens, so vermute ich, wärst Du von den Technologien, die wir heute nutzen, vollkommen überfordert. Und drittens, wärst Du vielleicht verblüfft, warum die Menschen Deine Musik nicht mehr kennen würden. Viele zumindest. (mehr …)