Foto: Wiener Staatsoper © Michael Pöhn
Spielplan-Präsentation der Saison 2021/22, Wiener Staatsoper, 3. Juni 2021
Rossini-Mania, Mozart, Wagner und klassisch gewordene Meisterwerke des 20. Jahrhunderts. All das steht an der Wiener Staatsoper im Mittelpunkt der Saison 2021/22. Calixto Bieito inszeniert „Tristan und Isolde“, Barrie Kosky startet einen neuen Da-Ponte-Zyklus. Neben Superstars wie Anna Netrebko, Plácido Domingo und Jonas Kaufmann, werden auch einige neue Gesichter am Haus zu sehen sein.
von Jürgen Pathy / Klassikpunk
Mit der Ouvertüre zu „Le Nozze di Figaro“ eröffneten Musikdirektor Philippe Jordan und das Staatsopernorchester die Programmpräsentation für die Saison 2021/22. Direkt im großen Saal der Oper. Nicht, wie die letzten Saisonen, in den Räumlichkeiten des Mahlersaals. Die Auswahl der Musik war kein Zufall. Mozart stehe in der kommenden Saison, ebenso wie Wagner, im Mittelpunkt, sagte Bogdan Roščić, der auf der Bühne durch diese Spielplan-Präsentation führte.
Mozart im Mittelpunkt
Viermal steht Mozart, der in Wien zum Kernrepertoire zählt, auf dem Programm: Dreimal als Wiederaufnahme, einmal als Premiere. Hans Neuenfels‘ Inszenierung von „Die Entführung aus dem Serail“ kennt das Wiener Publikum bereits. Ebenso die Inszenierung von „Die Zauberflöte“, und die wiederaufgenommene Ponnelle-Inszenierung von „Le nozze di Figaro“. Neu inszeniert wird hingegen „Don Giovanni“ von Barrie Kosky, der bereits in dieser Saison mit „Macbeth“ am Haus Regie führt. Kyle Ketelsen sing die Titelpartie, Kate Lindsey die Donna Elvira, Hanna-Elisabeth Müller die Donna Anna, und Philippe Sly den Leporello. Alles Namen, die an der Wiener Staatsoper kaum bekannt sind.
Fünf echte Premieren
Im Gegensatz zu dieser Saison, stehen 2021/22 mit fünf Premieren zwar „nur“ halb so viele auf dem Programm – allerdings alles Eigenproduktionen. Neben Mozarts „Don Giovanni“ sind das: „Il barbiere di Siviglia“ (Rossini), „Wozzeck“ (Alban Berg), „L’Orfeo“ (Monteverdi) und „Tristan und Isolde“ (Wagner). Zählt man die dazu, die während der aktuellen Saison noch nicht vor Publikum gespielt wurden, seien es eigentlich neun Premieren, scherzte Roščić. Diese werden nämlich alle nachgeholt.
Leiten wird „Tristan und Isolde“ Musikdirektor Philippe Jordan. Der Schweizer, der zu Beginn der Saison von der Pariser Oper nach Wien gewechselt ist, betonte vor allem die eigene Klangsprache, die Wagner erschaffen habe – und das, obwohl „er klaut wie blöd“, so Jordan im Gespräch mit Roščić. Den Tristan singt Andreas Schager, der gerade mit einer Kehlkopfentzündung im Bett liegt. Rene Papé gibt den Marke, Martina Serafin die Isolde. Gespannt darf man sein, wie Skandalregisseur Calixto Bieito Wagners Liebesdrama deuten wird. Der Spanier, der in dieser Saison mit „Carmen“ seinen Einstand an der Wiener Staatsoper feierte, wird inszenieren.
Eröffnet wird der Premierenreigen allerdings mit Rossini, dem Großmeister des Belcantos. Der Barbier von Sevilla wird die erste Premiere der Saison 2021/22 sein. Weil es das 200. Jubiläum der Rossini-Mania sei, so Roščić. Damals hatte Rossini in Wien eingeschlagen, wie eine Bombe. Herbert Fritsch, Schauspieler während der Ära Castorf an der Berliner Volksbühne, inszeniert. Marianne Crebassa singt die Rosina. Ildar Abdrazakov den Don Basilio. Michele Mariotti steht am Pult. Den Grafen singt Publikumsliebling Juan Diego Floréz, der von Roščić auch auf die Bühne gebeten wurde, um ein paar Worte über diese Partie zu wechseln.
Wiederaufnahmen mit Anna Netrebko, Asmik Grigorian und Lisette Oropesa
Geprägt wird die Saison 2021/22 vom Repertoire. Immerhin habe die Wiener Staatsoper, so Roščić, die Aufgabe, ein breites Programm zu zeigen. Dabei wird man mit großen Namen glänzen. Dazu zählen: Superstar Anna Netrebko, an deren Seite Plácido Domingo in Verdis „Nabucco“ seinen Abschied feiern wird. Elīna Garanča singt in „Adriana Lecouvreur“, Jonas Kaufmann in Benjamin Brittens „Peter Grimes“.
Unter der Leitung von Franz Welser-Möst werden Asmik Grigorian und Anita Rachvelishvili in Verdis „Don Carlo“ zu sehen sein. Lisette Oropesa, die Anfang der Saison ihr umjubeltes Hausdebüt feierte, singt in Donizettis „Lucia di Lammermoor“ – an ihrer Seite George Petean. Der russische Stardirigent Valery Gergiev leitet Tschaikowskys „Pique Dame“. Die Südafrikanerin Pretty Yende singt, wie bereits diese Saison, in Verdis „La Traviata“ – als Vater Germont dabei: Ludovic Tezier, der ebenso in „Rigoletto“ singen wird.
Wagner-Fans kommen ebenfalls nicht kurz. Neben der Premiere von „Tristan und Isolde“, steht wieder Kirill Serebrennikows Inszenierung von „Parsifal“ auf dem Spielplan, ebenso die Wiederaufnahme von „Der fliegende Holländer“. Außerdem kehrt „Der Ring des Nibelungen“ wieder zurück ans Haus. In zwei Serien dirigiert Axel Kober, Nina Stemme ist die Brünnhilde.
Oper des 20. Jahrhunderts
Ein weiterer Saisonschwerpunkt, wie Bogdan Roščić betonte, sei die Oper des 20. Jahrhunderts. Allen voran ein Werk: „Wozzeck“ von Alban Berg. Für Roscic „die Oper“ nach der Ära der großen Komponisten Puccini und Richard Strauss. Das bestätigte auch Philippe Jordan. Diese erste große, moderne Oper habe eine unglaubliche Suggestionskraft und Klangmagie. Titelheld ist Christian Gerhaher. Es inszeniert Simon Stone. Mit einer fragwürdigen Inszenierung von „La Traviata“ hat sich der Australier bereits diese Saison beim Wiener Publikum vorgestellt.
Ballett und Kinderoper
Der Rossini-Schwerpunkt findet sich auch wieder bei der Kinderoper. Der Barbier für Kinder, der bereits im Mai 2021 Premiere feierte, wird auch in der neuen Saison im Großen Haus gespielt. Zu hören sind Ensemblemitglieder sowie Sänger und Sängerinnen des Opernstudios, mit dem Roščić jungen Künstlern ein Sprungbrett liefern möchte. Außerdem am Programm: Die Zauberflöte für Kinder; Die Entführung ins Zauberreich.
Balletfreunde kommen ebenfalls auf ihre Rechnung. Drei Premieren stehen auf dem Programm. Zwei substantielle Werke der nächsten Spielzeit, so Martin Schläpfer, der neue Direktor des Wiener Staatsballetts, seien „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms (Volksoper Wien) und seine Uraufführung von Haydns „Die Jahreszeiten“. Schwanensee von Rudolf Nurejew kommt zurück ins Repertoire. Die Diskussion, ob man eine Nurejew Inszenierung neben den Erneuerer Merce Cunningham stellt, sei für ihn nicht relevant. Schläpfers Linie: Primär sei es ihm wichtig, die Sparte in einer Vielfalt zu decken, wie es bei der Oper der Fall sei.
Rossini-Festival mit Cecilia Bartoli
Enden werde die Saison 2021/22, so Roščić, wie sie beginnt: mit Rossini. Dabei wird eine Rossini-Autorität ihr Staatsoperndebüt feiern. Man hört es, doch man glaubt es kaum: Cecilia Bartoli, die italienisch-österreichische Opernsängerin und Intendantin, ist bislang noch nie im „ersten Haus am Ring“ aufgetreten. Ungewöhnlich ist auch, dass bis in den Juli hineingespielt wird. Da das Staatsopernorchester dann nicht mehr zur Verfügung steht, spielen Les Musiciens du Prince-Monaco. Ein Orchester, das eigens von Bartoli gegründet wurde und von Gianluca Capuano geleitet wird.
Am Programm: „La Cenerentola“ (28. Juni 2021, halbszenisch), „Il Turco in Italia“ und eine Rossini-Gala (8. Juli 2022). Dabei gibt es ein Wiedersehen mit Rolando Villazón, der zuletzt 2014 an der Wiener Staatsoper zu erleben war. Selbstverständlich singt die Königin auch höchstpersönlich: Die Bartoli, die Partien zu meistern pflegt, die über eine Tessitura von beinahe drei Oktaven reichen, wird in allen dieser Produktionen auf der Bühne stehen.
Karten für die Spielzeit 2021/22 kann man bestellen ab 8. Juni.