Michael Maertens
Foto: Michael Maertens © Nils Schwarz

Salzburger Festspiele: Das neue Jedermann-Traumpaar für 2023 steht fest

Seit heute ist es offiziell: Burgschauspieler Michael Maertens ist der neue Jedermann bei den Salzburger Festspielen 2023. Die Oberösterreicherin Valerie Pachner spielt nicht nur die Buhlschaft, sondern gleich auch den Tod am Salzburger Domplatz.

Überraschung war das lange keine mehr: Bereits im Sommer fiel bei der Besetzung des Hofmannsthal-Klassikers der Name Michael Maertens. Vor wenigen Tagen dann ließ eine österreichische Tageszeitung die Katze aus dem Sack und verriet, dass Valerie Pachner bei den Salzburger Festspielen als Buhlschaft zu sehen sein wird. Bettina Hering, die scheidende Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, zeigte sich darüber wenig erfreut. Sie fand es „unfair”, dass man diese Bombe vorzeitig platzen ließ.

Michael Maertens wurde 1963 in Hamburg geboren. Er studierte an der Otto Falckenberg Schule in München und ging 1989 ans Hamburger Thalia Theater, wo er bereits in seiner ersten Spielzeit den Boy-Gobert-Preis erhielt und zum Nachwuchsschauspieler des Jahres gewählt wurde. Weitere Stationen waren das Schillertheater und das Deutsche Theater in Berlin, die Münchner Kammerspiele und das Berliner Ensemble. Von 2001 bis 2005 war er am Schauspielhaus Bochum, mit der Spielzeit 2005/06 wechselte er ans Schauspielhaus Zürich. Seit 2009 ist er fest im Ensemble des Wiener Burgtheaters.

Valerie Pachner wurde 1987 in Wels, Oberösterreich, geboren. Nach der Schule lebte sie ein Jahr in Honduras, was sie dazu bewog, in Wien das Studium der Internationalen Entwicklung zu belegen. Parallel dazu studierte sie Germanistik, ihre Leidenschaft zur Schauspielerei
überwog schließlich und sie absolvierte von 2009 bis 2013 das Max Reinhardt Seminar. Bereits 2013 wurde sie festes Mitglied des Ensembles am Residenztheater in München. Bei den Salzburger Festspielen waren Valerie Pachner zum ersten Mal 2018 im Rahmen einer Lesung mit Prosa von David Grossmann zu sehen.

Was Pachner zu diesem Engagement zu sagen hat, verriet sie ebenso wie Maertens im Gespräch mit den Salzburger Festspielen.

Im Gespräch mit Michael Maertens

Sie haben 1993 in der Uraufführung von Botho Strauß‘ Das Gleichgewicht Ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen gegeben, waren und sind ein wesentlicher Festspielkünstler. Was verbinden und verbindet Sie mit Salzburg?

Das ist rückblickend wirklich eine tolle Bilanz, mit dem Jedermann fällt im nächsten Jahr sogar mein 30-jähriges Festspieljubiläum zusammen! Ich gehöre außerdem zu den Schauspielern, die Salzburg lieben, nicht zuletzt deswegen freue ich mich ganz besonders
auf diese neue Aufgabe.

Worin liegt der Reiz der Rolle des Jedermann? Weshalb haben Sie das Angebot angenommen?

Der Reiz liegt zunächst in der über 100-jährigen Tradition. Mein Vater hat mir zum Beispiel schon als Kind ganz viel von Attila Hörbiger als einem der ersten Jedermann-Darsteller erzählt, er ist damals extra nach Salzburg gefahren, um ihn zu sehen. Für mich selbst schließt sich mit Blick auf meine eigene Festspielvergangenheit ein Kreis. Es ist eine echte Ehre, Teil der Festspiele zu sein, weil ich mich mit dem, was dort – gerade auch in den letzten Jahren beim Jedermann – gemacht wird, absolut identifizieren kann.

Weshalb wird Ihrer Meinung nach der Jedermann seit 1920 so erfolgreich in Salzburg aufgeführt?

Das fängt sicherlich an bei der einmaligen Kulisse. Das Stück ist aus meiner Sicht außerdem immer noch zeitgemäß, mich hat es durch seine Allegorien und die Themen des Lebens, die darin verhandelt werden, schon immer sehr berührt. Der Stoff geht jeden Menschen etwas an, indem er so zentrale Fragen stellt wie: Warum bin ich hier, und warum muss ich wieder gehen?

Wenn Sie an die bisherigen Jedermann-Darsteller denken, gibt es da einen, den Sie besonders inspirierend finden?

Ich verfolge den Salzburger Jedermann seit meiner Schauspielschulzeit. Zu den Schauspielern, die ich generell besonders bewundere, gehören vor allem Kollegen meiner Generation wie Nicholas Ofczarek, mit dem ich persönlich sehr gut befreundet bin, Tobias Moretti und Lars Eidinger. Gerade dessen Darstellung hat mir sehr gefallen und war mit ausschlaggebend dafür, dass ich sofort zugesagt habe. Alle drei haben die Rolle des Jedermann auf ihre Art bereichert.

Fängt man bei so einer Rolle, in der es um Leben und Tod geht, an über das eigene Leben und Streben nachzudenken?

Das steht bei mir nicht im Vordergrund, ich habe mich mit diesen Themen schon mein Leben lang und in letzter Zeit auch aufgrund persönlicher Erfahrungen beschäftigt. Ich bin tendenziell jemand, der mehr vom Kopf her an eine Rolle herangeht und sie erst später mit
Emotionen auffüllt.

Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit Michael Sturminger?

Ich weiß, dass ich von ihm eine vollkommene Neugierde und Öffnung meiner Person gegenüber erwarten darf, wir haben ja bereits zwei Produktionen miteinander gemacht. Ich möchte auch den zuletzt in Salzburg eingeschlagenen Weg in eine verstärkt weibliche Richtung bei der Besetzung und Charakterisierung der Figuren gerne weitergehen.

Im Gespräch mit Valerie Pachner

Was bedeutet Salzburg für Sie?

Tatsächlich vor allem die Salzburger Festspiele. Als ich noch am Max-Reinhardt-Seminar studiert habe, war ich im Sommer zum ersten Mal da und es war alles sehr aufregend.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie den Anruf erhalten haben, dass Sie die Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen sein sollen?

Ich habe mich sehr gefreut. Vor allem, weil von Anfang an klar war, dass ich auch den Tod spielen sollte. Nicht nur love interest, sondern auch Antagonistin zu sein, finde ich sehr reizvoll. Und es ermöglicht mir, als Schauspielerin mehr zu erzählen.

Valerie Pachner
Foto: Valerie Pachner © Mathias Bothor 2022

In Theaterkreisen heißt es, die Buhlschaft sei die größte kleinste Rolle. Was macht den Reiz dieser Figur für Sie aus? Was assoziieren Sie mit der Rolle?

Zunächst assoziiere ich mit dieser Rolle schon das offensichtlich ungleiche GeschlechterVerhältnis. Die weibliche Hauptfigur erfüllt die Rolle der Liebschaft und alle wollen wissen, welches Kleid sie trägt, während die männliche Hauptfigur die ganze Geschichte trägt. Auf einer kulturgeschichtlichen Ebene macht aber genau das den Reiz aus: Wer bin ich als diese Frau, die viel Aufmerksamkeit für ihren Körper, aber wenig Sätze bekommt – im Jahr 2023? Auf rein inhaltlicher Ebene interessiert mich das allegorische Gewicht der Figur. Wofür steht
sie – Eros, Lebendigkeit, Freude, das Gegenteil von Tod? Und was passiert mit der Liebe im Angesicht des Todes?

Wenn Sie sich die bisherigen Buhlschaften anschauen, gibt es eine, die Sie besonders mögen, die Sie inspiriert?

Ich finde, alle haben gleichermaßen eindrucksvoll und auf ihre eigene Art dieser Rolle viel gegeben. Die lange zurückreichende Geschichte dieser Figur und ihrer unterschiedlichen Darstellerinnen ist inspirierend.

Was erwarten Sie sich von der Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Sturminger?

In unseren ersten Gesprächen habe ich ihn als sehr offenen, aufmerksamen Gesprächspartner erlebt. Er hat viel Erfahrung mit dem Stück, kann einen also auf vieles, was diese Arbeit mit sich bringt, vorbereiten. Gleichzeitig will er auch wieder nach neuen Ansätzen suchen, worauf ich mich sehr freue.

Was denken Sie, weshalb der Jedermann über ein Jahrhundert hinweg so erfolgreich aufgeführt wird?

Einerseits gibt es, glaube ich, eine Faszination für und eine Sehnsucht nach wiederkehrender Tradition. Solche Wiederholungen können Halt geben und Raum für Reflexion bieten. Andererseits liegt es wohl auch am Gesamterlebnis das dem Jedermann innewohnt: dem Domplatz, dem Glockenläuten, den Jedermann-Rufen, den allegorischen Figuren und – nicht zuletzt: Dem Wettlauf mit dem Tod.

[Quelle: Salzburger Festspiele]

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