Die Wiener Staatsoper feiert ihr 150-jähriges Jubiläum

Foto: © Wiener Staatsoper

Die Wiener Staatsoper feiert ihr 150-jähriges Jubiläum. Das „erste Haus am Ring” zählt zweifelsohne zu den bekanntesten und wichtigsten Opernhäusern der Welt. Aus dem Staatsopernorchester rekrutieren sich die berühmten Wiener Philharmoniker, und die Oper kann für ihren Spielplan auf das weltweit größte Repertoire zurückgreifen.

Mit einer Geburtstagsmatinee wird der offizielle Festakt am Samstag, 25. Mai 2019, eröffnet. Radio Ö1 überträgt live ab 10:05 Uhr. Am selben Tag folgt die große Festpremiere von Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten”, ab 17:30 Uhr ebenfalls Live via Ö1 zu verfolgen. Und Sonntagabend, 26. Mai 2019, schließt sich der Kreis mit dem Jubiläumskonzert vor der Oper, zu dem alle Wienerinnen und Wiener herzlichst eingeladen sind – ORF III sowie ARTE übertragen Live ab 20:30 Uhr.

Doch die Feierlichkeiten laufen bereits die ganze Woche auf Hochtouren. Neben Juan Diego Flórez , dem „Tenore di grazia” mit der eleganten Stimmführung und dem hellen Timbre,  lockt auch Superstar Anna Netrebko, für viele die „Diva assoluta” unserer Zeit, in die Wiener Staatsoper. Nur Jonas Kaufmann, der beim Jubiläumskonzert hätte dabei sein sollen,  lässt sich nicht blicken. Via Social Media verkündete der deutsche Startenor vor wenigen Tagen die Hiobsbotschaft: Er habe sich beim Essen verschluckt und beim Freihusten seine Stimmbänder beleidigt.

Habsburgermonarchie, Zwischenkriegszeit und Wiedereröffnung 1955

Seit seiner feierlichen Eröffnung am 25. Mai 1869 mit Mozarts „Don Giovanni” ist das Opernhaus stets im Blickpunkt des öffentlichen Interesses gestanden. Die Wiener Staatsoper ist eine international anerkannte Institution und Angelegenheiten der Wiener Oper sind – wie in keiner anderen Stadt weltweit – immer auch öffentliche Angelegenheiten.

Neben den großen Sängern und Sängerinnen haben das Haus viele Direktoren geprägt und teilweise revolutioniert. Während der Habsburgermonarchie, als das Haus noch k.u.k. Hofoper (1869 – 1918) geheißen hat, waren es sieben an der Zahl. Angefangen bei Franz von Dingelstedt, über Franz Jauner, der Richard Wagners Werke ans Haus geholt hat, bis hin zu Gustav Mahler, der als erster zu Vorstellungsbeginn die Türen hat schließen lassen.

In der Zwischenkriegszeit waren es große Namen wie Franz Schalk, Richard Strauss, Erwin Kerber, Clemens Krauss oder Karl Böhm, die an der Spitze des Hauses gestanden haben, und es waren große Dirigenten wie Bruno Walter oder Wilhelm Furtwängler, die am Pult des Staatsopernorchesters gastierten.

Während seiner schwärzesten Zeit, der Machtübernahme der NSDAP in Österreich, standen in diesem prachtvollen Juwel der Musik Einschüchterung, Opportunismus und Antisemitismus an der Tagesordnung. In der Führungsetage logierten unter anderen die „Kriegsdirektoren” Heinrich K. Strohm, Lothar Müthel oder Karl Böhm, dessen erste Amtszeit von 1. Jänner 1943 bis 30. Juni 1945 dauerte.

Am 12. März 1945 wurde das Haus – versehentlich wie es heißt – von fünf Spreng– und zahlreichen Brandbomben der Amerikaner zerstört. Nur die Grundmauern, die Eingangshalle, das Foyer mit den Fresken von Moritz von Schwind (Schwind-Foyer) und ein kleiner Teil der ehemals kaiserlichen Pausenräume (Vorderfront des Hauses) blieben erhalten.

Foto: Die Staatsoper nach dem 12. März 1945 (c) Wiener Staatsoper

Bis zur Wiedereröffnung der Staatsoper, die in der Zwischenzeit in das Theater an der Wien ausweichen musste, verging ein Jahrzehnt. Zur feierlichen Eröffnung der wieder aufgebauten Staatsoper wurde am 5. November 1955 Ludwig van Beethovens Oper „Fidelio” unter dem Dirigat Karl Böhms aufgeführt.

Ein Mann prägt das Haus am Ring nachhaltig

Doch einer Persönlichkeit ist es zu verdanken, dass das Haus nach der Wiedereröffnung künstlerisch und gesellschaftlich wieder in neuem Glanz erstrahlte. Nach Ende der zweiten Amtszeit Karl Böhms, der den Sessel 1956 aufgrund seiner Worte „Ich denke nicht daran, meine internationale Karriere der Wiener Staatsoper zu opfern“ räumen musste, betrat Herbert von Karajan die Bühne und verlieh dem Haus seinen bis heute anhaltenden Glanz.

Die Ära Karajan (1956 – 1964) hat den Spielbetrieb bis heute nachhaltig geprägt. Er ist es gewesen, der alle Opern wieder in der Originalsprache hat aufführen lassen. Und Karajan ist es gewesen, der zusätzlich zum hervorragenden Ensemble auch die Stars nach Wien geholt hat.

Mag er zwar alle Wagnerianer vor den Kopf gestoßen haben, weil er keinen „Lohengrin” aufführen ließ, so ist er es gewesen, der die große Maria Callas auf der Höhe ihrer Gesangskunst 1957 zum ersten Mal für drei Vorstellungen von Donizettis „Lucia di Lammermoor” in die österreichische Hauptstadt holte. Aufgrund gescheiterter Vertragsverhandlungen blieben die drei „Lucia”-Vorstellungen die einzigen Auftritte der Primadonna assoluta in Wien.

Die enge Kooperation mit anderen Opernhäusern wurde ebenfalls von Direktor Herbert von Karajan initiiert, der teilweise ganze Produktionen der Mailänder Scala nach Wien transferieren hat lassen, und infolgedessen 1963 auch für den berüchtigten „Boheme-Skandal” sorgte.

Die Zeit nach Karajan

1964 folgte Egon Hilbert, dessen Vermächtnis es war, den großen Leonard Bernstein und Wieland Wagner ans Haus zu locken.

Die 1970er und 80er Jahre waren geprägt durch finanzielle Eskapaden. Unter Egon Seefehlner hieß es „Oper kostet!”, und Claus Helmut Drese, der mit Claudio Abbado zum ersten Mal einen Generalmusikdirektor engagierte, musste sich die Kritik gefallen lassen „zu viel Geld verbraten” zu haben, da kleine Rollen nicht aus dem Ensemble besetzt wurden.

Dazwischen liegt ein Kurzauftritt des Amerikaners Lorin Maazel (1982 – 84), der mit der österreichischen Bürokratie, dem verstaubten Repertoiresystem und antisemitischen Ressentiments des Publikums zu kämpfen hatte, weil er, der Jude, keinen Wagner spielte.

Die graue Eminenz

Ins neue Jahrtausend geführt hat das Haus der charismatische Ioan Holender. Aufgrund seiner ausgezeichneten Menschenkenntnisse konnte sich der gebürtige Rumäne ganze achtzehn Jahre (1992 – 2010) lang an der Spitze der prestigeträchtigen Wiener Staatsoper bewähren. Seit Bestehen des Hauses ist er damit der längst dienende Direktor.

Er korrigierte den eher konservativen Kurs seines Vorgängers Eberhard Wächter, bis zu dessen Tod im Jahr 1992 Holender auch schon einige Monate als Generalsekretär aktiv gewesen war. Holender ist es auch gewesen, der die beliebten Live-Übertragungen auf den Opernvorplatz per Videowall eingeführt hat. Gerüchten zufolge soll die graue Eminenz noch immer gewisse Fäden im Hintergrund ziehen.

Wirtschaftlich rosige Zeiten

Aktuell am Ruder des weltberühmten Opernhauses sitzt Dominique Meyer, 63, der die Wiener Staatsoper zumindest wirtschaftlich höchst erfolgreich ab der Saison 2020/21 an Bogdan Roščić übergeben wird. Gesamtauslastungszahlen von 99,21 Prozent lassen vermutlich jedes andere Opernhaus der Welt vor Neid erblassen, und scheinen laut Meyer beinahe schon „russische Ausmaße” zu erreichen.

Dort übrigens, in Moskau, wurde anlässlich der Feierlichkeiten sogar ein Nachbau der Wiener Staatsoper inklusive Videowall hochgezogen, und auch in Wien und den Bundesländern wird dieses besondere Jubiläum dementsprechend gefeiert.

Programm der Jubiläumsfeierlichkeiten

Die Geburtstagsmatinee am 25. Mai 2019 unter der Leitung des Dirigenten Frédéric Chaslin wird ive im Ö1 Klassik-Treffpunkt ab 10:05 Uhr übertragen sowie via Livestream auf der Facebookseite und auf der Website der Wiener Staatsoper.

Am Abend des 26. Mai treten Künstlerinnen und Künstler des Hauses vor die Tore, und werden unter der Leitung von Marco Armiliato am Herbert von Karajan-Platz ein „Jubiläumskonzert vor der Oper” für alle Wienerinnen und Wiener geben. Live übertragen wird dieses Spektakel der Sonderklasse auf ORF III, ab 20:30 Uhr, sowie auf ARTE, und von der Unitel in der ganzen Welt vertrieben.

Mit dabei ist alles, was in der Opernwelt Rang und Namen hat – von Startenor Roberto Alagna bis Austro-Bass Günther Groissböck, von Jongmin Park, Chen Reiss, Sonya Yoncheva, den drei Baritonstars Erwin Schrott, Tomasz Konieczny und Ferruccio Furlanetto bis zu Valentina Nafornita und Olga Bezmertna.

Auch dabei sind Camilla Nylund und Nina Stemme, die bereits am Vortag in der großen Festpremiere von Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten” – Ö1 überträgt am 25. Mai, ab 17:30 Uhr live – unter der Leitung des „Kapellmeisters” Christian Thielemann mit Sicherheit für Furore sorgen werden. Stephen Gould und Evelyn Herlitzius erweitern das Staraufgebot.

Bleibt dem „bedeutendsten Opernhaus der Welt” (Andreas Schmidt, Klassik begeistert) nur weitere erfolgreiche 150 Jahre zu wünschen, und möge es mit den Worten Franz Welser-Mösts weiterhin „jung, innovativ und kreativ” bleiben. Happy Birthday, Wiener Staatsoper!

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